Dienstag, Februar 14, 2006

Die Berliner Zeitung "Tagesspiegel" hat die Forderung der Regierung in Teheran, sich für eine Karikatur mit iranischen Fußballern zu entschuldigen, abgelehnt. Der Vizechefredakteur und Redaktionsdirektor des Blattes, Gerd Appenzeller, sagte der Hörfunkagentur dpa/Rufa am Montag, es handele sich offenbar um ein Missverständnis. Mit der Karikatur sei ein innenpolitisches Problem angesprochen worden, nämlich der mögliche Einsatz der Bundeswehr im Inland. Der Zeichner erhielt nach Angaben der Chefredaktion Morddrohungen.

In einem Schreiben an die Chefredaktion hatte die iranische Botschaft in Berlin zuvor eine schriftliche Entschuldigung verlangt. Die Botschaft forderte von der Zeitung zudem, "die notwendigen Schritte für eine Wiedergutmachung dieses unmoralischen Aktes zu unternehmen".

Die am Freitag veröffentlichte Karikatur, die iranische Fußballspieler mit umgeschnallten Bombengürteln neben Bundeswehrsoldaten in einem deutschen Fußballstadion zeigt, habe in Iran "Abscheu und Empörung" ausgelöst, heißt es in dem Schreiben. Die Fußballweltmeisterschaft sei eine "große Verantwortung", die diesmal der Bundesrepublik übertragen worden sei. Auch die Medien müssten beweisen, dass sie "Verantwortung für die Veranstaltung dieses großen Events" übernehmen könnten.

Der Karikaturist Klaus Stuttmann habe drei Morddrohungen erhalten und halte sich zur Sicherheit nicht mehr in seiner Wohnung auf, sagte "Tagesspiegel"-Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff. Der Polizeiliche Staatsschutz ermittele.

Casdorff sagte, er könne sich die Reaktionen nur mit der mangelnden Vertrautheit mit der innenpolitischen Debatte in Deutschland erklären. "Das ist eine Form der Groteske", sagte er. Der "Tagesspiegel" widme seine Meinungsseite am Dienstag dem Thema. So wolle man zur Mäßigung beitragen. Man bedauere die Reaktionen auf die Karikatur, eine Entschuldigung sei aber nicht angebracht, betonte Casdorff.

Drohungen auch in Düsseldorf


Inzwischen wurde in Düsseldorf nach wiederholten Drohungen die islamkritische Skulptur "Aggression" von der Jahreswerkschau der Kunstakademie entfernt. Die Schweizer Kunststudentin Fleur Stoecklin habe selbst um Entfernung ihres Werkes gebeten, sagte der Kanzler der Hochschule, Peter Lynen, am Montag der dpa. "Wir haben nichts zurückgenommen", betonte er. Für das Werk gelte selbstverständlich die Kunst-Freiheit.

Die Skulptur zeigt eine Moschee, deren Minarette die Form von Raketen haben. Die Studentin und die Akademie hätten nach einem "reißerischen Pressebericht" dennoch mehrere Drohanrufe erhalten, teilte Lynen mit. Unweit der Akademie hatten am Samstag 2.200 Muslime friedlich gegen die Verbreitung der Mohammed-Karikaturen demonstriert.