Donnerstag, Dezember 15, 2005
"Unfassbar",
"schockierend",
"durchgeknallt"
- deutsche Politiker finden kaum Worte für die neueste anti-jüdische Hetzrede des "iranischen Präsidenten" .
Aber wie reagieren?
Die neuerlichen Ausfälle des "iranischen Präsidenten" Mahmud Ahmadinedschad gegen Israel und seine Leugnung des Holocausts haben empörte Reaktionen ausgelöst. Ahmadinedschad hatte zuvor seine weltweit verurteilte Kampagne gegen Israel fortgesetzt. Der "Mythos vom Massaker an den Juden" sei von den westlichen Staaten "erfunden worden", sagte Ahmadinedschad in einer Rede in der Stadt Zahedan im Südosten Irans, die der Nachrichtensender Khabar direkt übertrug.
Der "Mythos vom Massaker an den Juden" werde in den westlichen Staaten "höher gestellt als Gott, die Religionen und die Propheten", sagte Ahmadinedschad in seiner Rede in der Provinz Sistan-Balutschestan. Ahmadinedschad bekräftigte seine Forderung aus der vergangenen Woche, der Staat Israel solle in eine andere Weltgegend verlegt werden, etwa "nach Europa, in die USA, nach Kanada oder Alaska". Zudem unterstrich er wenige Tage vor der geplanten Wiederaufnahme der Atomverhandlungen mit der Europäischen Union, Teheran werde "keinen Deut" von seinem Atomprogramm abrücken.
Israel: "Es wird keine zweite 'Endlösung' geben"
Die israelische Regierung reagierte mit scharfer Kritik auf die neuen Äußerungen Ahmadinedschads. Der Sprecher des israelischen Außenministeriums, Mark Regev, äußerte die Hoffnung, dass diese "ein Weckruf für die Leute sind, die noch immer Illusionen über die Art des Regimes in Teheran" hätten. Der Sprecher von Ministerpräsident Ariel Scharon, Raanan Gissin, verwies auf das militärische Potenzial seines Landes. "Gott sei Dank verfügt Israel über die Mittel, um das extremistische Regime in Iran scheitern zu lassen", sagte Gissin. "Es wird keine zweite 'Endlösung' geben", sagte er unter Hinweis auf den Holocaust, der von den Nationalsozialisten als "Endlösung der Judenfrage" bezeichnet worden war. "Israel ist seit Jahrtausenden die Heimstätte des jüdischen Volkes und wird es auf immer und ewig bleiben."
USA: Bemerkungen "ungeheuerlich"
Auch die USA reagierten mit Empörung auf die neuerlichen antisemitischen Äußerungen Ahmadinedschads. "Ich denke, alle verantwortungsvollen Führer der internationalen Gemeinschaft erkennen, wie ungeheuerlich solche Bemerkungen sind", sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan, in Washington. Die Aussagen machten einmal mehr deutlich, wie wichtig eine Zusammenarbeit der internationalen Gemeinschaft sei, um Iran von der Entwicklung atomarer Waffen abzuhalten.
Merkel: Äußerungen "unfassbar"
Die Bundesregierung verurteilte die erneuten israelfeindlichen Äußerungen Ahmadinedschads als schockierend. Ein solches Verhalten sei nicht hinnehmbar, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Dies habe die Bundesregierung dem Geschäftsträger der iranischen Botschaft unmissverständlich zu erkennen gegeben. Die deutsch-iranischen Beziehungen würden dadurch belastet. Die Bundesregierung werde versuchen zu erreichen, dass auch vom EU-Gipfel ein klares Signal der schärfsten Missbilligung ausgehe. Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte die Äußerungen Ahmadinedschads "unfassbar".
EU-Spitzen verurteilen Ahmadinedschad
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso erklärte, Iran habe nicht den Präsidenten, den das Land verdiene. "Es ist wirklich schockierend, dass das Oberhaupt eines Staates, der einen Sitz bei den Vereinten Nationen hat, so etwas sagen kann", sagte Barroso am Rande einer Sitzung des EU-Parlaments. Ahmadinedschads Worte "lenken unsere Aufmerksamkeit darauf, wie gefährlich es wäre, wenn dieses Regime eine Atombombe hätte", fügte er hinzu.
Der britische Europaminister Douglas Alexander sagte für die EU-Ratspräsidentschaft, solche Äußerungen hätten "keinen Platz in einer zivilisierten politischen Debatte". Sie seien "voll und ganz" zu verurteilen, so Alexander vor dem Europaparlament in Straßburg.
Cohn-Bendit: Iran von der WM ausschließen
Der Vorsitzende der Grünen-Fraktion im EU-Parlament, Daniel Cohn-Bendit, schlug vor, Iran von der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland auszuschließen. Das Land müsse international isoliert werden, dazu sei der Ausschluss von der Weltmeisterschaft ein geeignetes Mittel. Iran hat sich für die WM qualifiziert und soll in der Gruppe D spielen. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth warf Ahmadinedschad "unerträgliche Geschichtsklitterung" vor und äußerte "Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit des iranischen Präsidenten".
Wiederholt Ausfälle gegen Israel
Der "iranische Präsident" hatte in der vergangenen Woche wiederholt das Ausmaß des Holocaust bestritten und die Verlagerung des jüdischen Staates nach Europa, etwa in Teile Deutschlands und Österreichs, vorgeschlagen.
Bereits Ende Oktober hatte er gefordert, Israel müsse von der Landkarte getilgt werden. Ahmadinedschads Äußerungen hatten weltweit Empörung ausgelöst und wurden auch vom UN-Sicherheitsrat offiziell verurteilt.